Vortrag über Lea Deutsch

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Die Botschaft der Republik Kroatien in Berlin organisierte am Freitag, den 23. Juni einen Vortrag der kroatischen Geschichtswissenschaftlerin von der Universität Potsdam, Frau Dr. Martina Bitunjac, über das Leben von Lea Deutsch, einem Mädchen welche als Kind eine außerordentliche Schauspielkarriere im Zagreber Nationaltheater hervorbringen konnte, nachdem Sie daraufhin aufgrund Ihrer jüdischen Wurzeln, zu Anbeginn des Zweiten Weltkriegs und der Errichtung des NDH-Staats, zunächst mit einem Auftrittverbot belegt und daraufhin ins KZ-Auschwitz deportiert wurde. Der Vortrag wurde als erstes Ereignis in der Botschaft im Rahmen des kroatischen Vorsitzes der IHRA, einer internationalen Vereinigung zur Erinnerung an den Holocaust, dessen Sitz sich in Berlin befindet, veranstaltet. Den Vortrag verfolgten eine große Anzahl an kroatischen und deutschen Gästen.

Im Beisein des Geschäftsträgers und Beraters Domagoj Marić, welcher die zahlreichen Gäste zum Anfang willkommen hieß, sprach Frau Dr. Miriam Rürup, Direktorin des Moses-Mendelssohn-Instituts in Potsdam, bei der Dr. Bitunjac ihre wissenschaftliche Tätigkeit verrichtet, einige einleitende Worte zu den anwesenden Gästen. Im Laufe des Abends trug Dr. Bitunjac die aufsehenerregende und rührende Geschichte über Lea Deutsch, einem Zagreber Wunderkind der Zwischenkriegszeit. Am 18. Januar 1927 geboren, trat Lea Deutsch in einem neunjährigen Zeitraum auf. Heutzutage ist eine ganze Reihe an Fotografien, welche die junge Schauspielerin zeigen, dank Ihres Vaters Stjepan Deutsch, der ein leidenschaftlicher Amateurfotograf gewesen ist, erhalten geblieben. Die Familie wohnte auf der Adresse Gundulićeva ulica 29 in Zagreb, in unmittelbarer Nähe zum zentralen Zagreber Theaterhaus.

Lea Deutsch begann im Alter von fünf Jahren aufzutreten, dank der Fähigkeiten im Lesen, Schreiben, Rezitieren und Auswendiglernen von Texten, die das Mädchen schon in jungen Jahren erlernte. Dank des Zagreber Schauspielers Tito Strozzi schloss sich Deutsch der damals in Zagreb tätigen Kinderschauspielgruppe „Dječje carstvo“ an. Nach ersten Rollen in Theaterstücken für Kinder begann Deutsch, in Theaterstücken für Erwachsene aufzutreten, beispielsweise in Stücken von Gerhard Hauptmann, Moliere und anderen. Ein großer Theatererfolg war die Aufführung im Stück „Tonček i Točkica“ von Erich Kästner, und als Junge spielte Sie Ahmed Lea in „Hasanaginica“ von Milan Ogrizović. Am 15. März 1941 trat Lea Deutsch zum letzten Mal im kroatischen Nationaltheater in Zagreb auf. Nach der Gründung des NDH und der Verabschiedung der Gesetzesbestimmung zur Rassenzugehörigkeit bemühte sich die Familie Deutsch um eine Ausnahmegenehmigung auf der Grundlage von Artikel 6, wonach Lea Deutsch als Person zur Arierin werden würde, die sich vor April 1941 für die Interessen des kroatischen Volkes zur Wehr gesetzt hatte. Erhalten ist auch ein Brief von Lea Deutsch vom 27. Juni 1941 an das Innenministerium der NDH, in dem sie angibt, zum römisch-katholischen Glauben konvertiert zu sein. Der Brief wurde als Zeichen der Unterstützung von einer ganzen Reihe angesehener Kroaten unterzeichnet, darunter auch vom Komponisten Jakov Gotovac.

Aufgrund der großen Popularität und Anerkennung von Lea Deutsch war eine Flucht keine Option. Lea Deutsch wurde im Frühjahr 1943 mit ihrer Familie in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert, es wird angenommen, dass sie während des Transports ums Leben kam. Durch Zufall wurde nur Vater Stjepan vor der Verfolgung gerettet, der das erste Opfer des Holocaust in seiner Familie sein sollte, weshalb er ein Versteck in der Infektionsabteilung des Zagreber Krankenhauses fand, wo er bis zum Ende des Kriegs untertauchte. Dr. Bitunjac hob weitere aktuelle Arbeiten über Lea Deutsch hervor, sowie die Tatsache, dass ihr zu Ehren im Jahr 2020 der erste „Stolperstein“ in Kroatien errichtet wurde. Neben diesem Vortrag plant die Botschaft der Republik Kroatien in Berlin im Rahmen der Präsidentschaft der IHRA zwei weitere Großveranstaltungen: ein für den 27. November in Berlin geplantes Konzert von Zagreber Solisten, bei dem Werke kroatischer Komponisten jüdischer Herkunft aufgeführt wird, sowie eine dreisprachige kroatisch-englisch-deutsche Ausstellung über Lea Deutsch.