Frankfurter Allgemeine Zeitung - Im Gespräch: Kroatiens Ministerpräsident Ivo Sanader
"Unser Zeitplan ist realistisch"
Kroatien werde 2011 der EU beitreten, sagt Ivo Sanader. Und das, obwohl Slowenien wegen des Grenzstreits die Verhandlungen blockiert.
FRAGE: Herr Ministerpräsident, es hat ziemlich lange gedauert, bis dieses Treffen mit dem slowenischen Ministerpräsidenten Borut Pahor zustande kam …
ANTWORT: Im Dezember, gleich nachdem Ministerpräsident Pahor die Regierungsverantwortung übernommen hat, hat Slowenien elf Kapitel unserer Beitrittsverhandlungen mit der EU blockiert. Das war ein Schlag ins Gesicht, das haben wir nicht verstanden. Dabei hatte ja auch Slowenien bei seinem Beitritt ein offenes Grenzproblem. Es ist ein gemeinsames, seit dem Zerfall Jugoslawiens ungelöstes Problem.
FRAGE: Sie haben vor eineinhalb Jahren mit Sloweniens damaligem Ministerpräsidenten Jansa vereinbart, das einem internationalen Schiedsgericht zu unterbreiten. Dann verhandelte eine bilaterale Kommission ergebnislos über den Modus einer Arbitrage. Glauben Sie, die EU-Mediationsgruppe kann mehr erreichen?
Frankfurter Allgemeine Zeitung - Im Gespräch: Kroatiens Ministerpräsident Ivo Sanader
"Unser Zeitplan ist realistisch"
Kroatien werde 2011 der EU beitreten, sagt Ivo Sanader. Und das, obwohl Slowenien wegen des Grenzstreits die Verhandlungen blockiert.
FRAGE: Herr Ministerpräsident, es hat ziemlich lange gedauert, bis dieses Treffen mit dem slowenischen Ministerpräsidenten Borut Pahor zustande kam …
ANTWORT: Im Dezember, gleich nachdem Ministerpräsident Pahor die Regierungsverantwortung übernommen hat, hat Slowenien elf Kapitel unserer Beitrittsverhandlungen mit der EU blockiert. Das war ein Schlag ins Gesicht, das haben wir nicht verstanden. Dabei hatte ja auch Slowenien bei seinem Beitritt ein offenes Grenzproblem. Es ist ein gemeinsames, seit dem Zerfall Jugoslawiens ungelöstes Problem.
FRAGE: Sie haben vor eineinhalb Jahren mit Sloweniens damaligem Ministerpräsidenten Jansa vereinbart, das einem internationalen Schiedsgericht zu unterbreiten. Dann verhandelte eine bilaterale Kommission ergebnislos über den Modus einer Arbitrage. Glauben Sie, die EU-Mediationsgruppe kann mehr erreichen?
ANTWORT: Eine erste Arbeitsgruppe hatte die Aufgabe, die offenen Punkte der Grenzfrage zu definieren, und ist damit auch fertig geworden, das war schon ein Erfolg. Die Arbeit der zweiten Gruppe ist auch nicht gescheitert, aber vielleicht sind dort noch eine oder zwei Fragen offen geblieben. Es gibt keinen Grund, das bisher Erreichte aufzugeben; die Vereinbarung, vor den Internationalen Gerichtshof zu gehen, wurde damals schließlich auch von der slowenischen Opposition unterstützt. Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat bisher mehr als 50 solcher Fälle verhandelt, gerade erst hat er den Konflikt zwischen Rumänien und der Ukraine um die Schlangeninsel im Schwarzen Meer beigelegt. Wir werden einen Schiedsspruch des IGH akzeptieren, wie er auch immer ausfallen mag. Es war nie gut, Grenzen politisch zu ziehen. Die Geschichte zeigt, dass daraus nur weitere Probleme entstehen.
FRAGE: Slowenien möchte den Fairness-Grundsatz "ex aequo et bono" berücksichtigt wissen. Wäre das für Sie annehmbar?
ANTWORT: Nein, weil dieser Grundsatz bisher in keinem der fünfzig Fälle des IGH Berücksichtigung fand. "Ex aequo et bono" heißt doch in Wirklichkeit, ihr habt die ganze Adria, also gebt uns ein Stück davon. So geht das nicht. Das Beste ist, jedes Land bringt seine Argumente vor, und die 15 Richter, die sich damit befassen, werden sie prüfen und die Grenze festlegen. So war das immer schon, warum sollte es nicht auch im Falle Sloweniens und Kroatiens so sein.
FRAGE: Ein solcher Schiedsspruch könnte allerdings nicht vor dem kroatischen EU-Beitritt erfolgen, weil das Verfahren jahrelang dauert.
ANTWORT: Das Grenzproblem wurde vor dem slowenischen Beitritt zur EU nicht gelöst, es besteht kein Grund, es jetzt plötzlich vor dem kroatischen Beitritt lösen zu müssen.
FRAGE: Glauben Sie immer noch, dass Ihr Land 2011 der EU beitreten könnte? Von den 33 Beitrittsverhandlungskapiteln sind erst sieben erledigt. Wie realistisch ist Ihr Zeitplan?
ANTWORT: Er ist realistisch, weil zehn der Kapitel, die wir zu schließen haben, schon im Dezember fertig waren. Es würde also ganz anders aussehen, wenn es die slowenische Blockade nicht gäbe. Wir verhandeln jetzt schon das vierte Jahr. Wenn die Blockade endet, können wir die Verhandlungen bis Jahresende abschließen. Die Privatisierung der Werften geht gut voran. Unser Ziel ist es, die internationale Ausschreibung Ende März zu veröffentlichen.
FRAGE: Immer wieder bemängelt wurden die Zustände in der kroatischen Justiz.
ANTWORT: Auch hier gibt es große Fortschritte, wobei ich die Reform bei der Ernennung der Richter hervorheben möchte. Wir ändern unser bisheriges System völlig. Werdende Richter werden künftig nach dem Jurastudium und dem Praktikantenjahr noch zwei Jahre die Richterakademie in Split besuchen müssen. Dann wird eine Rangliste gemäß der Qualifikation der Absolventen erstellt, und wenn zum Beispiel ein Gericht in Vukovar oder Zagreb einen Richter braucht, dann bekommt es den jeweils Ersten auf dieser Liste. Das ist ein objektives und transparentes Verfahren, auf das niemand Einfluss nehmen kann. Im Herbst wird diese Akademie ihre Tätigkeit aufnehmen.
Die Fragen stellte Karl-Peter Schwarz.
F.A.Z., 25.02.2009, Nr. 47 / Seite 6
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