Der kroatische Botschafter Dr. Miro Kovac und der Staatssekretär...

Der kroatische Botschafter Dr. Miro Kovac und der Staatssekretär im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und Europäische Integration der Republik Kroatien Andrej Plenkovic nahmen am Festakt der Verleihung des Franjo Basic Sonderpreises an Herrn Bundesaußenminister a. D. Hans-Dietrich Genscher teil

BONN, 25. September 2010 Im Programm des Festaktes anlässlich der Verleihung des Franjo Basic Sonderpreises an Herrn Bundesaußenminister a. D. Hans-Dietrich Genscher, der in der Zentrale der Deutschen Telekom AG in Bonn und unter der Schirmherrschaft der Deutschen Telekom AG und des deutschen Unternehmens BHS Corrugated stattfand, nahmen als Redner u. a. teil: der kroatische Botschafter Dr. Miro Kovac, der Staatssekretär im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten und Europäische Integration der Republik Kroatien Andrej Plenkovic, der stellvertretende Bundesvorsitzende und Landtagsabgeordnete im Landtag Nordrhein-Westfalen Andreas Pinkwart und der Vorstand Europa der Deutschen Telekom AG Guido Kerkhoff. Bei dieser Gelegenheit wurde Bundesaußenminister a. D. Genscher zum Ehrenvorsitzenden der Deutsch-kroatischen Gesellschaft e. V. Bonn ernannt. An dem Festakt nahmen 180 Personen teil. Unter den prominenten Gästen waren anwesend: der Staatsminister im Auswärtigen Amt Dr. Werner Hoyer, die Abgeordnete Petra Müller, Bundesaußenminister a. D. Dr. Klaus Kinkel, der Richter des kroatischen Verfassungsgerichtes Mato Arlovic, der Generalkonsul der Republik Kroatien in Düsseldorf Vjekoslav Križanec und in Stellvertretung des Vorstandsvorsitzenden von RWE Prof. Dr. Wolfgang Strassburg. Unter der Moderation des Gesellschaftsmitgliedes Volker Herrmann fand im Rahmen des Festaktes auch ein Zeitgespräch zum Thema statt: „Überwindung des Ost-West Konfliktes, Südosteuropa und Europäische Integration“, an dem neben den Bundesaußenministern a. D. Genscher und Kinkel, der Staatsminister im Auswärtigen Amt Dr. Werner Hoyer und der Vorsitzende der Deutsch-Kroatischen Gesellschaft e. V. Bonn Daniel Gluncic teilnahmen. Des Weiteren wurde am Schluss der Festveranstaltung durch Botschafter Kovac die Ehrenurkunde der Deutsch-Kroatischen Gesellschaft e. V. Bonn an Herrn Josip Moric überreicht, als Anerkennung für seine langjährige humanitäre Arbeit für Kroatien. Rede von Staatsekretär Andrej Plenkovic Verleihung des Franjo Basic Sonderpreises der Deutsch-Kroatischen Gesellschaft an Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher Bonn, den 25. September 2010 Sehr geehrte Herr Bundesminister Genscher, Sehr geehrte Frau Genscher, Sehr geehrte Herr Bundesminister Dr. Kinkel, Sehr geehrter Herr Staatsminister Dr. Hoyer, Sehr geehrter Herr stellvertretender FDP-Vorsitzender Dr. Pinkwart, Sehr geehrter Herr Botschafter Kovac, liebe Freunde aus der Deutsch-Kroatischen Gesellschaft, sehr geehrte Damen und Herren, Es ist mir eine große Ehre, im Namen der kroatischen Regierung an der Verleihung des Franjo Basic Preises sowie des Ehrenvorsitzes der Deutsch-Kroatischen Gesellschaft an Bundesminister Hans-Dietrich Genscher teilnehmen zu dürfen. Hans-Dietrich Genscher gehörte zu den Akteuren der großen historischen Entwicklungen Ende des 20-igsten Jahrhunderts, die bis heute die großen Linien der europäischen Politik bestimmen. Die friedliche Überwindung des Ost-West Konflikts, die Deutsche Wiedervereinigung, der Einzug von Freiheit und Demokratie in Mittel- und Osteuropa sowie die damit verbundene staatliche Wiederauferstehung alter europäischer Nationen vom Baltikum bis zur Adria, und schließlich die Einbettung all dieser Freiheitsrevolutionen in den Europäischen Einigungsprozess. Da diese Themen im Laufe des Abends von mehreren Rednern aus verschiedenen Perspektiven beleuchtet werden, werde ich in meiner Rede vor allem zwei Themen detaillierter ansprechen. Zum einen möchte ich über die Fortschritte Kroatiens auf dem Weg in die EU berichten. Zum anderem skizziere ich, wie Hans-Dietrich Genscher durch seine konsequente Anwendung von politischen Werten wie Freiheit, Demokratie und dem Recht auf nationale Selbstbestimmung in der Lage war in einer Vielzahl von großen historischen Prozessen die richtigen Entscheidungen zu treffen. Zunächst also zum kroatischen EU-Beitrittsprozess. Nachdem Kroatien im vergangen Jahr NATO-Mitglied geworden ist, bleibt der EU-Beitritt das zweite große strategische Ziel der kroatischen Außenpolitik. Wir sind dem Gesamtziel der Verankerung Kroatiens in den euroatlantischen Strukturen inzwischen sehr nahe. Die Schlussphase der kroatischen EU-Beitritts-verhandlungen hat diesen Juni begonnen, als die letzten drei Verhandlungskapitel der insgesamt 35 eröffnet wurden. Kroatien hat in den letzten Jahren einen großen Weg zurückgelegt und tiefgreifende gesellschaftliche Reformen im politischen und wirtschaftlichen Bereich gemeistert. Das Rechtswerk der EU wurde in kroatische Gesetze implementiert und wir stehen vor der vollen Übernahme des acquis. Wie das bei EU-Beitrittsverhandlungen üblich ist, werden einige der sensiblen Fragen im Bereich der Wettbewerbspolitik und der Justizreform erst in den letzten Verhandlungsmonaten abgeschlossen. So stehen auch im kroatischen Fall noch einige sensible Entscheidungen bevor, wie die Privatisierung der großen kroatischen Werften, die Fortführung der Justizreform sowie die weitere Bekämpfung der Korruption. Bundesaußenminister Westerwelle hat bei seinem Kroatienbesuch letzten Monat davon gesprochen, dass Kroatien sich auf den letzten Metern der Zielgeraden Richtung EUMitgliedschaft befindet und dass er sich einen Verhandlungsabschluss im nächsten Jahr wünscht. Wir in der Kroatischen Regierung sehen das ebenso und arbeiten entschlossen auf einen Verhandlungsabschluss unter der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2011 hin. Da der EU-Beitrittsvertrag von den Arbeitsgruppen der EU und Kroatiens auch schon vorbereitet wird, hoffen wir, dann auch zügig den EU-Beitrittsvertrag zu unterschreiben. Hinzu plant Kroatien danach das von der kroatischen Verfassung vorgeschrieben Referendum zum EU-Beitritt abzuhalten. Die kroatischen Bürger werden somit die grundlegende Entscheidung über die Teilnahme am Europäischen Einheitsprojekt selbst treffen. In der nun laufenden Endphase der EU-Beitrittsverhandlungen ist eine klare Unterstützung seitens der EU-Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission von entscheidender Bedeutung. Wir sind in diesem Zusammenhang dankbar, dass Bundeskanzlerin Merkel und Bundesaußenminister Westerwelle ebenso wie alle politischen Parteien im Deutschen Bundestag einen baldigen kroatischen EU-Beitritt unterstützen. Einen wichtigen gesamteuropäischen Aspekt von Kroatiens EU-Beitritt möchte ich noch aufzeigen: Der kroatische EU-Beitritt hat natürlich sehr großen Einfluss auf die weitere Stabilisierung und die EU – Perspektive ganz Südosteuropas. Kroatien wirkt mit seiner erfolgreichen Reformpolitik und seiner sehr fortgeschrittenen euroatlantischen Integration als wichtiger wirtschaftlicher und politischer Stabilitätsstifter sowie als EU-Brücke in Südosteuropa. Dies ist die besondere Rolle Kroatiens im gesamteuropäischen Kontext. Meine Damen und Herren Von dem diplomatischen Parkett der Gegenwart fällt es nicht schwer zwanzig Jahre zurück zu springen. Denn die Grundlagen der jetzigen Europapolitik wurden damals gelegt, und der heutiger Preisträger Hans-Dietrich Genscher waren daran maßgeblich beteiligt. Die Deutsch-Kroatische Gesellschaft hat mit der Ehrung Hans-Dietrich Genschers eine herausragende europäische Persönlichkeit für den „Franjo Basic Preis“ ausgewählt. Man ist fast dazu verleitet zu sagen, Hans-Dietrich Genscher ist zum perfekten Symbol der tieffreundschaftlichen kroatisch-deutschen Beziehungen geworden. Doch, wer in die Jahre 1989/90 zurück sieht, wird erkennen, dass eine solche Entwicklung nicht unbedingt vorgezeichnet war. Zu der Zeit als von Gorbatschows „Glasnost“ und „Perestrojka“ inspiriert, die kommunistischen Diktaturen zunächst in Polen und Ungarn, dann überall in Osteuropa ins Wanken gerieten und als 1989 Bundesaußenminister Genscher von dem Balkon der Botschaft der Bundesrepublik in Prag, den dorthin geflüchteten Ostdeutschen unter grenzenlosem Jubel mitteilte, dass er ihre Ausreise ausgehandelt hatte, begannen Freiheitsbewegungen auch in jenen Nationen Mittel- und Osteuropas, die aufgrund der geschichtlichen Umstände des 20- igsten Jahrhunderts für lange Zeit von der politischen Landkarte verschwunden waren. Vom Baltikum bis zur Adria meldeten sich jene Nationen zurück, die unter dem Mantel des Kommunismus scheinbar verschwunden waren. All diese Entwicklungen sorgten in den großen westlichen Demokratien für Freude aber auch für einige Verwirrung. Nicht jedem in der damaligen Weltpolitik gelang es, die Konsequenzen des Berliner Mauerfalls nach zu vollziehen. Der Bundesregierung unter Bundeskanzler Kohl und Bundesaußenminister Genscher gelang es damals mit historischem Weitblick und diplomatischem Geschick die Deutsche Einheit zu erreichen. Doch kurz darauf kam es für ganz Europa zu einer neuen, nicht erwarteten Herausforderung. Im ehemaligen Jugoslawien, hatte der Präsident der damaligen Teilrepublik Serbien Slobodan Miloševic seine Macht auf die Bundesorgane so weit erweitert, dass die Jugoslawische Volksarmee auf Weisung der serbischen Führung bereit war, gegen die neu gewählten demokratischen Regierungen in Kroatien und Slowenien gewaltsam vorzugehen. Auf der einen Seite standen die jungen Demokratien Sloweniens und Kroatiens, auf der anderen Seite der nichtreformierte kommunistische Machtapparat in Belgrad. Als nach zahllosen erfolglosen Verhandlungen mit Belgrad Slowenien und Kroatien die Unabhängigkeit erklärten, erfolgte die militärische Intervention der Jugoslawischen Volksarmee zunächst gegen Slowenien, dann mit noch größerer Macht gegen Kroatien. Ganz Europa stand auf einmal fassungslos vor der Tatsache, dass zum ersten Mal seit 1945 auf europäischem Boden Krieg geführt wurde. Danach berichteten Tag für Tag die europäischen Fernsehsender von Panzerbewegungen und Luftangriffen, von zahllosen Opfern und Flüchtlingsströmen. Da die Appelle der damaligen Europäischen Gemeinschaft und der internationalen Staatengemeinschaft in Belgrad keinen Einfluss zeigten und der Krieg gegen Kroatien über Monate fortfuhr, bildete sich in der EG eine größer werdende Gruppe von Staaten, die bereit waren, Slowenien und Kroatien international anzuerkennen. Ziel war es durch die Anerkennung den Krieg zu stoppen und Menschenleben zu retten. Angesichts der Ereignisse im zerfallenden Jugoslawien war es in den deutschen Medien ebenso wie in der deutschen Politik im Laufe des Jahre 1991 zum Konsens gekommen, der lautete: Gerade die Deutschen, die aufgrund des Selbstbestimmungsrechts der Völker vor kurzem die staatliche Einheit und Freiheit wiedererlangt hatten, sind nun verpflichtet das Selbstbestimmungsrecht der Slowenen und Kroaten anzuerkennen. Ebenso wie das in Falle der baltischen Staaten schon der Fall war. Hans-Dietrich Genscher war in der öffentlichen Formulierung dieser Prinzipien konsequent und deutlich. Das Selbstbestimmungsrecht konnte nicht nur für die Deutschen gelten. Bundeskanzler Kohl und Bundesaußenminister Genscher gelang es schließlich die Unterstützung aller EG-Mitgliedstaaten für eine internationale Anerkennung Sloweniens und Kroatiens zu gewinnen. Beeindruckend war wie schnell diese Anerkennung Wirkung auf die Kriegshandlungen hatte. Denn schon kurz danach kam es zu einem Waffenstillstandsabkommen. Die Anerkennung hatte den Krieg gestoppt und damit viele Menschenleben gerettet. Hans-Dietrich Genscher hat in einem Interview für die Zeitung „Das Parlament“ Anfang dieses Monats den Hintergrund nochmals deutlich erklärt. Auf die Frage ob die Anerkennung von Slowenien und Kroatien verfrüht war, antwortete er: „Sie kam zu spät. Diese Entscheidung hat den Krieg, den Serbien nach Kroatien und Slowenien trug, sofort beendet. Wäre dies früher geschehen, hätte dies vieles erspart.“ In der Tat, eine frühere Anerkennung hätte bedeutet, dass die internationale Staatengemeinschaft schon früher bereit gewesen wäre Miloševics Politik zu stoppen. Damit wäre Vieles in Slowenien und Kroatien, aber auch später in Bosnien und Herzegowina und im Kosovo friedlicher verlaufen. Die Geschichte hat Hans-Dietrich Genscher Recht gegeben: Bei der Neuordnung Europas nach dem Fall des Eisernen Vorhangs ebenso wie bei der Fortführung des Europäischen Einigungsprozesses. Deshalb sind wir ihm in Kroatien, genauso wie viele in Europa dankbar. Bundesaußenminister Genscher hat politische Entscheidungen gefällt, die auf politischen Werten und Prinzipien basierten. Hinzu war er bereit mit hohem persönlichen Einsatz seine Überzeugungen zu vertreten. Das ist auch eine wichtige Botschaft für uns heute. Freiheit, Demokratie und Selbstbestimmung bleiben Werte an denen sich gute Politik messen lässt. So kompliziert und unvorhersehbar uns viele politische Vorgänge in Europa und darüber hinaus auch erscheinen mögen. Wenn wir grundlegenden menschlichen Werten und Prinzipien verpflichtet bleiben, dann werden wir auch heute gute und richtige Entscheidungen treffen können. In diesem Sinne ist Hans-Dietrich Genscher nicht nur ein Mann der Geschichte, sondern auch ein Lehrmeister für die Gegenwart. Deshalb freue ich mich sehr, dass die Deutsch-Kroatische Gesellschaft Hans-Dietrich Genscher mit dem Franjo Basic Preis auszeichnet. Herzlichen Glückwunsch Herr Genscher!

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